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Stadium 1 - Unglücklich orientiert an der Realität
 
Auszug aus: Innovativer Umgang mit Dementen. Strategien, Konzepte und Einrichtungen in Europa. Hg. Von Marcello Cofone, Hans Sträßer, Demenzverein Saarlouis und der Leitstelle Älterwerden Saarlouis


V/A trifft Fr. N. in einem sehr aufgeregten Zustand an.

V/A : Hallo, Fr.N. !

Fr.N.: Was heißt hier Hallo. Ich ersticke im Staub. Die haben mir wieder mein Staubtuch weggenommen.

V/A : Wer hat Ihnen Ihr Staubtuch weggenommen ?

Fr.N.: Diese Schlampen von Schwestern ! Man muß sie nur ansehen und weiß schon Bescheid. Und überhaupt, wie die angezogen sind, da kann man ja nichts anderes erwarten. Ich hätte nie gewagt, so rumzulaufen ! (Leggings und T-Shirt). Die verstecken absichtlich mein Staubtuch, weil sie wissen, daß mich das so aufregt.

V/A : Wohin verstecken sie es ?

Fr.N.: Immer woanders hin, damit das Finden immer schwieriger wird !

V/A : Wohin hatten sie es das letzte Mal versteckt ?

Fr.N.: Das letzte Mal habe ich es im Schlüpfer gefunden !

V/A : War es schwer, das Staubtuch dort rauszuholen ?

Fr.N.: Es war ekelhaft, aber die kennen ja keine Scham. Ein Glück, daß mein Mann nicht mehr lebt.

V/A : Was hätte ihr Mann getan ?

Fr.N.: Er hätte im Schlüpfer dieser Schlangen nachgesehen, ob mein Staubtuch dort ist.

V/A : Wären sie darüber froh gewesen ?

Fr.N.: Ich bin froh, daß mein Mann tot ist und nicht mehr in fremden Schlüpfern suchen muß. Ich bin froh, wirklich, daß das vorbei ist !

Sie lehnt sich entspannt zurück und schließt die Augen.


Die Altenpflegerin verwendete non-verbal eine zurückhaltende, betont respektvolle Haltung in Körpersprache und Stimme, passend zu Stad.1. Verbal verwendete sie die Technik der "W- (Tatsachen) Fragen", um vordergründig den Inhalten, dahinter liegend aber den Gefühlen akzeptierend Raum zu geben. Außerdem kommt die Technik "Erinnern", um frühere Reaktionen / Bewältigungsmuster im Gedächtnis zu stimulieren und damit für die aktuelle Situation verfügbarer zu machen. Durch beide Techniken wird intensiv Interesse signalisiert.

Man kann nun in einem gewissen Maße darüber spekulieren, wie die Äußerungen von Fr.N. zu interpretieren seien, welche Gefühle, welche emotionalen Grundbedürfnisse (Sexualität, Minderwertigkeit ...?) gerade indirekt über die Projektion auf die Schwestern, Thema sind. Vielleicht lassen sich Kenntnisse aus der Biographie nun anders bewerten. Sinn und Zweck ist aber nicht die Beurteilung oder Bewertung von Fr.N., vielmehr soll mit diesen Überlegungen die Empathiefähigkeit des Validationsanwenders gestärkt werden.

Das Hauptziel im Sinne der Validation nach Feil konnte erreicht werden, Fr N. fühlte sich akzeptiert und verstanden, konnte ihren Gefühlen offen in einem würdigen Rahmen Ausdruck verleihen. Sie wurde intensiv wertgeschätzt.

Man kann sich einen anderen Situationsverlauf gut vorstellen, wenn die Altenpflegerin real konfrontierend und korrigierend reagiert hätte !



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